Aus dem Burgund in die ganze Welt
Frankreich hat entgegen der üblichen Wahrnehmung eine eher junge Weingeschichte. Erst im 6. Jahrhundert v. Chr. gelangten die ersten Weinstöcke durch griechische Siedler an die Mittelmeerküste Südfrankreichs, das frühere Gallien. Zunächst entwickelte sich ein reger Weinhandel mit den dort ansässigen Kelten, bevor mit der Eroberung durch Julius Cäsar auch der großflächige Anbau Einzug hielt. Die Römer brachten neue Rebsorten und fortschrittliche Weinherstellungstechniken mit, die den Weinbau in der Region vorantrieben.
Die ersten Züge des Qualitätsweinbaus begannen jedoch erst ab dem frühen Mittelalter, als burgundische Mönche anfingen, Weinberge zu kultivieren. Karl der Große gilt hier als maßgeblicher Impulsgeber der Weinkultur in Frankreich zu jener Zeit. Die Mönche der Zisterzienser perfektionierten den Weinbau hinsichtlich Auswahl der Rebsorten zu bestimmten Bodentypen sowie der Weinherstellung. Sie waren verantwortlich für die Weiterentwicklung von Anbaumethoden, vor allem aber für die Selektion und Zucht neuer Rebsorten. Auch die Kunst der Assemblage, des kunstvollen Verschneiden verschiedener Weine, entstand in dieser Zeit und prägt noch heute das Bild in Frankreich.
Im 17. Jahrhundert erlebte der französische Weinbau unter König Ludwig XIV. eine bedeutende Blütezeit. Die königliche Hofhaltung in Versailles förderte den Anbau von Wein und die Produktion von hochwertigen Weinen. In dieser Zeit wurden viele der berühmten französischen Weinregionen wie Bordeaux, Burgund und Champagne zu Zentren der Weinproduktion.
Die Reblaus- und Mehltauplage Mitte des 19. Jahrhunderts traf Frankreich mit voller Wucht. Über drei Fünftel der gesamten Rebfläche wurden zerstört. Der Dreißigjährige Krieg und die Weltkriege taten ihr Übriges.
Doch der Neubeginn führte zu einer goldenen Ära des Weinbaus in Frankreich. Frühzeitig wurde erkannt, dass auf bestimmten Böden, unter Einfluss des dortigen Mikroklimas und mit speziell dafür ausgewählten Rebsorten, Weine mit unverwechselbarer Charakteristik entstehen können. Hierfür wurde schließlich der Begriff Terroir geprägt. So wurden im Laufe der Zeit in Frankreich verschiedene Weinregionen berühmt für ihre spezifischen Rebsorten und Weinstile.
Burgund, Bordeaux und Co. – Die Vielfalt französischer Weine
Frankreich gilt als Ursprungsland der geografischen Erfassung von Weinregionen. Man legte schon frühzeitig gesetzliche Grenzen fest, in denen die spezifische Qualität der Weine unverkennbar abgeleitet werden konnte. Diese Gebiete werden durch die Appellationen klar definiert. Zurzeit existieren 14 Weinbauregionen in Frankreich, die sich in über 400 Qualitätsweinbereiche aufteilen. Anders als in Italien entsprechen die Grenzen nur selten den politischen Grenzen der Verwaltungsgebiete.
Auf ca. 800.000 ha Rebfläche werden heutzutage fast 50 Millionen Hektoliter Wein pro Jahr produziert, wobei nur geringfügig mehr Rotwein als Weißwein gekeltert wird. Die Weinstile und Zusammensetzungen der Weine sind von Region zu Region sehr unterschiedlich. In einigen Regionen, wie dem Burgund und dem Elsass, werden vermehrt sortenreine Weine hergestellt. In den meisten südlichen Regionen, wie dem Bordeaux oder Languedoc, werden die Weine vornehmlich als Cuvée aus mehreren verschiedenen Sorten gemischt.
Als Wiege des professionellen Weinbaus gilt die Weinregion Burgund. Der Burgund liegt im Osten Frankreichs und ist vor allem für seine erstklassigen Pinot Noir- und Chardonnay-Weine bekannt. Zum Burgund zählt geografisch auch das Beaujolais, wird aber durch seinen einzigartigen Weinstil davon abgegrenzt. Hier steht die Gamay-Rebe im Vordergrund, aus der die weltberühmten, gleichnamigen Spitzenrotweine gekeltert werden.
Der Superstar der französischen Weinregionen ist zweifelsohne die Bordeaux-Region. Die Bordelais teilt sich dabei in 37 Appellationen auf und besitzt die größte Dichte an Spitzenweingütern weltweit. Hier werden, nach dem sogenannten Bordeaux-Verschnitt, die Rebsorten Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc zu den weltberühmten Bordeaux-Rotweinen zusammengefügt. Diese sind für ihre Komplexität, Struktur und Finesse bekannt.
Nicht weniger berühmt ist die Champagne. Die Champagne-Region im Nordosten Frankreichs ist die Heimat des berühmten Champagners. Hier werden hauptsächlich Schaumweine aus den Rebsorten Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier produziert und nach der méthode traditionnelle oder méthode champenoise hergestellt. Dabei entstehen exzellente Schaumweine mit einer unverwechselbaren Frische und Komplexität.
Das Loiretal ist eines der größten Weinbaugebiete Frankreichs und erstreckt sich entlang des Flusses Loire. Es ist bekannt für eine breite Palette ausdrucksvoller Weine, darunter Sauvignon Blanc, Chenin Blanc und Cabernet Franc. Die Region ist für ihre vielfältigen Stile bekannt, von knochentrockenen Weißweinen bis hin zu fruchtigen Rotweinen.
Das Rhônetal liegt im Südosten Frankreichs und ist für seine kraftvollen Rotweine bekannt. Die Region ist in Nord- und Süd-Rhône unterteilt. Im Norden dominieren Syrah-Trauben, während im Süden vorrangig Grenache und Mourvèdre verwendet werden.
Im Süden Frankreichs liegen die Regionen Languedoc, Roussillon und Provence. Diese sind vor allem für ihre frischen Roséweine und fruchtigen Cuvées bekannt. Hier dominieren Rebsorten wie Grenache, Syrah, Mourvèdre und Rolle (Vermentino).
Frankreich – die Wiege der Appellation
Als Grundlage des französischen Qualitätssystems gilt die in den 1920er Jahren niedergeschriebene Abhandlung von Pierre Le Roy de Boiseaumarié über den optimalen Bodentyp und die besten Rebsorten eines Châteauneuf-du-Pape. Daraus entwickelte sich in Frankreich das System der Appellationen und zugelassenen Rebsorten für bestimmte Weine. Es legt bestimmte Standards fest, die bei der Herstellung von Qualitätswein eingehalten werden müssen. Dieses System setzte nicht zuletzt auch den Grundstein für die Qualitätssysteme in ganz Europa.
Das System gliedert sich in 3 Stufen. Die niedrigste Stufe bildet der Vin de France. Dies ist die grundlegendste Qualitätsstufe und ersetzt seit 2010 die Bezeichnung „Vin de Table" (Tafelwein). Vin de France-Weine können aus Trauben aus verschiedenen Regionen in ganz Frankreich stammen und haben weniger Beschränkungen hinsichtlich der Rebsorten oder Produktionsmethoden. Diese Weine bieten eine größere Freiheit für Weinmacher, innovative und kreative Weine zu produzieren.
Die früheren Vin de Pays sind heute die IGP-Weine (Indication Géographique Protégée). Dies ist die zweithöchste Stufe und umfasst Weine, die aus einer bestimmten geografischen Region stammen. IGP-Weine dürfen in der Regel nur bestimmte Rebsorten oder Produktionsmethoden verwenden und es werden strengere Produktionsrichtlinien festgelegt.
Die Appellation d'Origine Protégée (AOP) ist die höchste Qualitätsstufe in Frankreich. Sie garantiert, dass der Wein aus einer bestimmten geografischen Region stammt und nach festgelegten Regeln und Standards hergestellt wurde. Die AOP-Bezeichnung gibt dem Verbraucher das Vertrauen, dass der Wein von hoher Qualität ist und die typischen Merkmale der Region widerspiegelt. Hierbei wird noch in 3 Stufen unterschieden: die AOP Cru für Weine aus einem Weingut oder einer Lage, die AOP kommunal für Weine aus einer Gemeinde und AOP regional für Weine aus einer Region.
Zusätzlich zu diesen Qualitätsstufen gibt es in einigen Regionen Frankreichs auch spezielle Klassifikationssysteme, die zusätzliche Informationen über die Qualität eines Weins liefern. Beispielsweise gibt es in Bordeaux das Klassifikationssystem der „Grand Crus Classés", das die besten Weingüter der Region auszeichnet.
Vin vivant – Es lebe der Wein!
In keinem anderen Land ist der Spagat zwischen Massenproduktion und handwerklicher Weinbereitung, zwischen Moderne und Tradition so groß wie in Frankreich. Doch der ökologische und biodynamische Weinbau hat auch in Frankreich in den letzten Jahren einen starken Aufschwung erlebt und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Immer mehr Winzer und Weingüter setzen auf nachhaltige Praktiken, um umweltfreundliche Weine zu produzieren.
Vor allem der naturnahe Weinbau und die Naturweinbereitung haben in Frankreich eine lange Tradition. Insbesondere das Loiretal, das Rhônetal, der Elsass und das Languedoc-Roussillon sind für ihre naturbelassenen Weine bekannt. Diese Regionen haben eine dynamische Gemeinschaft von Naturweinproduzenten, die den Wert von Handwerkskunst und Nachhaltigkeit betonen.
Naturwein wird häufig aus Trauben hergestellt, die nach biologischen oder biodynamischen Prinzipien angebaut werden. Chemische Pestizide, Herbizide und synthetische Düngemittel werden vermieden. Stattdessen wird auf natürliche Methoden wie den Einsatz von Nützlingen, Pflanzenextrakten und Kompostierung zurückgegriffen, um die Gesundheit der Reben und die natürliche Biodiversität zu fördern.
Naturweinproduzenten streben danach, so wenig wie möglich in den Keller einzugreifen. Die Trauben werden oft von Hand geerntet, um eine sorgfältige Auswahl zu gewährleisten, und die Gärung erfolgt in der Regel spontan, mit natürlichen Hefen, die auf den Traubenschalen vorhanden sind. Filtration und Schönung werden auf ein Minimum reduziert, um den Wein so natürlich wie möglich zu belassen.
Naturwein wird ohne den Zusatz von industriellen Zusatzstoffen hergestellt. Das bedeutet, dass auf Sulfit- oder Schwefelzusätze verzichtet wird oder diese auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Dadurch behält der Wein seine natürlichen Aromen und kann als Ausdruck des Terroirs und der Traubensorte dienen.
Weiterhin zeichnen sich Naturweine oft durch ihre Lebendigkeit und Individualität aus. Sie können eine breite Palette von Aromen und Texturen aufweisen, da sie den natürlichen Schwankungen der Ernte und der Weinbereitung unterliegen. Jeder Jahrgang und jede Flasche kann einzigartig sein, was die Entdeckung und den Genuss von Naturweinen zu einem aufregenden Erlebnis macht.
Bilder: © Adobe Stock ( #532691205) & Weinkombinat Hugel - Jens Hugel